frauke kausch
Attraktiver Arbeitgeber durch verschiedene Arbeitsmodelle?
Thomann Nutzfahrzeuge wurde mit dem «Swiss Arbeitgeberaward 2022» zu einem der besten Schweizer Arbeitgeber ausgezeichnet. Luzi Thomann, Geschäftsführer der Thomann Nutzfahrzeuge AG setzt in seinem Unternehmen auf über 40 verschiedene, flexible Arbeitsmodelle. Was im ersten Moment nach sehr viel und komplex klingt, hat sich für ihn in der Praxis bewährt. Dank klarer Regeln und einer darauf ausgerichteten Unternehmenskultur.

Luzi Thomann, Geschäftsführer
Herr Thomann, Sie verfolgen einen interessanten Ansatz. Sie bieten Ihren Mitarbeitenden rund 40 verschiedene Arbeitsmodelle an. Wie kam es dazu?
Als ich vor 20 Jahren einen stellvertretenden Geschäftsführer für mich selber suchte, gestaltete sich die Suche schwieriger als gedacht. Über neun Monate dauerte die Suche bis ich einen geeigneten Kandidaten gefunden hatte. In allen wesentlichen Punkten bezüglich seiner Anstellung waren wir uns einig. Nur in einem nicht, dem Lohn. Er machte schliesslich den Vorschlag, 100% in 4 Tagen zu arbeiten und mir im Gegenzug dafür mit dem Lohn entgegenzukommen. Ich willigte ein und der Startschuss für die Einführung von flexiblen Arbeitsmodellen war gefallen.
Was kann man sich unter den verschiedenen Arbeitsmodellen vorstellen?
Neben dem eben erwähnten Modell, 100% in 4 Tagen zu arbeiten, das sich nun schon seit 20 Jahren bewährt hat, gibt es andere Möglichkeiten, wie zum Beispiel Jobsharing, unser «PayAway-Modell» oder ganz neu «6 für 3». Beim «PayAway- Modell» können Mitarbeitende selbst zwischen zusätzlichen Ferien oder Lohn wählen. Bei «6 für 3», das wir ganz neu eingeführt haben, haben die Mitarbeitenden 6 Wochen Ferien zugute, müssen dafür aber mindestens 3 Jahre bei uns im Betrieb bleiben.
Der Grundgedanke dabei ist, den Mitarbeitenden möglichst viel Flexibilität in der Arbeitszeitgestaltung zu bieten. So geht auch die Initiative für ein bestimmtes Modell vom einzelnen Mitarbeitenden aus. Ganz wichtig ist aber, dass klare Regeln, die in der Unternehmenskultur verhaftet sind, definiert sind. Sonst funktioniert es nicht. An erster Stelle steht für uns der Kunde und die Dienstleistung am Kunden. Dies muss bei der Wahl des Modells berücksichtigt werden.
Wird es nicht sehr komplex, die unterschiedlichen Arbeitszeitmodelle unter einen Hut zu bringen? Wie bewältigen Sie dies?
Im Bereich der Zeiterfassung und administrativ, wie auch in der Kommunikation ist es tatsächlich etwas komplexer. Dafür haben wir ein eigenes Informationstool entwickelt. Die Mitarbeitenden haben eine App auf Ihrem Telefon, über die sie Nachrichten schicken und empfangen können. Wichtige Nachrichten, sog. «Pflichtnachrichten», sind entsprechend gekennzeichnet und müssen von allen gelesen werden, was jeweils auch überprüft wird. Zeigt sich am Ende des Jahres, dass ein*e Mitarbeiter*in die wichtigen Nachrichten nicht gelesen hat, entfällt der freiwillige Ferienbonus.
Wie wirken sich die flexiblen Arbeitsmodelle bei Ihren Mitarbeitenden aus?
Wir sind bis jetzt mit diesem Ansatz sehr gut gefahren. Was die konkreten Auswirkungen sind, ist schwer zu sagen, gerade in einem Umfeld, in dem Fachkräftemangel herrscht. Grundsätzlich würde ich aber schon sagen, dass die Effizienz gestiegen ist und wir zufriedene Mitarbeitende und eine relativ tiefe Fluktuation haben.
Welchen Rat würden Sie anderen Geschäftsführer*innen mit auf den Weg geben?
Nichts ist unmöglich. Auch wenn die Einführung eines Modells am Anfang schwierig oder nicht machbar erscheint, kommt es auf den Versuch an. Und diesen würde ich auch angehen. Bei Neuerungen würde ich grundsätzlich immer eine Testphase bis zu einem Jahr einplanen, mit der Option, sie auch wieder rückgängig zu machen oder Änderungen vorzunehmen. Zudem braucht es klare Regeln, an die sich jeder Einzelne halten muss.
Über die Thomann Nutzfahrzeuge AG
Die Thomann Nutzfahrzeuge AG mit Stammsitz in Schmerikon in der Schweiz blickt im auf eine bewegende Erfolgsgeschichte zurück. 1995 mit weniger als 20 Mitarbeitern als Dienstleister und Händler für Nutzfahrzeuge und Omnibusse gestartet, zählt das Unternehmen heute 200 Mitarbeiter an fünf Standorten.