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Zufriedener und produktiver dank Hoffice? Ein flexibles Arbeitsort-Modell unter der Lupe

Mit unserer neuen Blogserie #trendnews by FischWorks greifen wir aktuelle Entwicklungen und Trends aus der Arbeitswelt auf und nehmen sie genauer unter die Lupe, um Ihnen Anregungen für den Führungs- und Arbeitsalltag zu geben. In unserem ersten Beitrag geht es um Hoffice, eine aus Schweden stammende, interessante Möglichkeit des ortsunabhängigen, flexibleren Arbeitens.



Der Wunsch nach flexibleren Arbeitsort-Modellen ist stärker denn je

Der tägliche Gang ins Büro und ein fester Arbeitsplatz verlieren zunehmend an Bedeutung. Seit der Corona-Krise hat sich der Anteil der Beschäftigten in der Schweiz, die von zu Hause aus arbeiten, verdoppelt. Zum Teil wird sich dies nach der Pandemie natürlich wieder umkehren. Zu der alten Normalität, darauf deutet momentan alles hin, will aber fast niemand mehr vollständig zurückkehren. Flexiblere Arbeitsortmodelle sind gefragter denn je. Eine Entwicklung, die sich bereits vor der Coronakrise abgezeichnet hat, sich im letzten Jahr jedoch verstärkt und beschleunigt hat. Und man hat gemerkt: So wie es aussieht, sind wir mit mehr Homeoffice nicht weniger produktiv geworden.


Dass Homeoffice immer beliebter wird, hat natürlich auch mit unseren Berufen zu tun. Durch die zunehmende Bedeutung des Dienstleistungssektors, der wissensintensiven Berufe sowie der Digitalisierung können immer mehr Menschen ortsungebunden arbeiten. Gemäss einer Studie von Deloitte arbeiteten in der Schweiz bereits vor der Coronakrise rund 30% der Erwerbstätigen mindestens einen halben Tag pro Woche von zu Hause aus. Seit Beginn des ersten Lockdowns im März 2020 sind es sogar rund 50%. Von den 70%, die vor der Krise noch keine Möglichkeit auf Homeoffice hatten, würde wiederum ein Drittel in Zukunft ebenfalls gerne auf ein flexibleres Modell umsteigen.


Die Vorteile von flexibleren Arbeitsortmodellen sind vielfältig. Gesteigerte Produktivität, mehr Kreativität bis hin zu verbesserter Konzentration sind Argumente, die dafür sprechen. Wenn die Grenzen zwischen Zuhause und Büro verschmelzen, bringt das aber auch neue Herausforderungen, und Flexibilität und Anpassungsfähigkeit sind gefragt. Nicht jede*r hat die Möglichkeit, sich an einen ruhigen zum Arbeiten geeigneten Platz zurück zu ziehen, oder man fühlt sich isoliert und hat zu wenig Arbeitsansporn durch die Anwesenheit anderer, die ebenfalls arbeiten. Der Austausch mit anderen über einfache Fragen oder das Teilen einer Überlegung werden im Homeoffice schwieriger.


Hier kommt Hoffice ins Spiel, ein Ansatz aus Schweden fürs Arbeiten mit flexiblem Arbeitsort. Was als Versuch startete, hat sich mittlerweile an verschiedenen Orten etabliert.


Hoffice - ein Trend aus Schweden

Die Idee zu Hoffice stammt vom schwedischen Psychologen Christofer Gradin Franzén. Als er 2013 seine Masterarbeit schrieb und allein zu Hause sitzend damit nicht vorankam, lud er Freunde zu sich zum Arbeiten ein, um produktiver zu sein. Daraus entwickelte er ein Konzept, das verschiedene Methoden aus Wirtschaft, Psychologie und Buddhismus verbindet. Das Ziel beim Hoffice ist es, die Vorteile von der Arbeit im Unternehmen zu sich nach Hause holen. Man lädt andere (Arbeitskollegen, Bekannte, Freunde oder wer mag Fremde) zu sich nach Hause ein, um den Tag in einem sozialen Arbeitsumfeld zu verbringen, Ideen mit anderen teilen zu können und dabei möglichst produktiv zu sein. Was Hoffice ausmacht, sind klar definierte Regeln und Strukturen mit dem Ziel, konzentriert arbeiten zu können und vorhandene Ressourcen optimal zu nutzen.


Ein wichtiger Pfeiler ist die Gliederung der Zeit. Zum Beispiel: Bevor gestartet wird, legen alle dar, was sie in den nächsten 45 Minuten, der ersten „Arbeitsschicht“, erreichen möchten. Danach folgt eine 15 minütige Pause, da nach dieser Zeit meist die Konzentration abnimmt. In der Pause teilt man Ideen mit den anderen, holt Feedback ein oder macht Sportübungen. Wieder setzt man sich konkrete Ziele für die nächsten 45 Minuten, in denen wieder bei absoluter Ruhe gearbeitet wird, um allen eine produktive Arbeitsumgebung zu ermöglichen. Wer telefonieren muss, verlässt den Raum. Nach diesem Muster gliedert man den ganzen Tag, was zu einer beachtlichen Produktivität führt. Dass derart strikte Arbeitsmuster zu einem sehr hohen Output führen, ist mehrfach belegt.


Hoffice greift das Bedürfnis nach einem flexibleren Arbeitsort-Modell auf. Durch das gemeinsame Arbeiten mit Anderen, fühlt man sich nicht isoliert und wird idealerweise durch die Anderen angespornt, produktiv zu arbeiten und seine gesteckten Ziele zu erreichen. Dass man im Hoffice seine Arbeitszeit mit freiwillig gewählten "Arbeitskollegen" verbringt, auch wenn diese einer anderen Tätigkeit nachgehen, kann die Arbeitsmotivation und damit die Produktivität zudem ganz erheblich steigern.


Interessante Ansatzpunkte für flexibleres Arbeiten in der Zukunft - "Hoffice" im Office?

Dass Hoffice nicht für jede*n ist, ist klar. Zunächst ist Hoffice grundsätzlich nur für all jene geeignet, die ortsungebunden arbeiten können und einer Arbeit nachgehen, bei der sie nicht auf regelmässige Telefonate oder den Austausch im Team angewiesen sind. Auch sind nicht alle bereit, ihr Zuhause mit anderen zu teilen. Manche*r fühlt sich dadurch möglicherweise abgelenkt oder im individuellen Arbeitsablauf gestört.


Dennoch liefert Hoffice interessante Ansatzpunkte und Denkanstösse dazu, in welche Richtung sich die Anforderungen an den Arbeitsplatz und die Möglichkeit für individuelle örtliche und zeitliche Arbeitseinteilung entwickeln werden, und was die Produktivität, Motivation und Zufriedenheit steigern kann. Denn zufriedene Mitarbeitende sind loyaler und arbeiten effizienter.


Für die Unternehmensseite können zum Beispiel Überlegungen bezüglich der Gestaltung des Büros abgeleitet werden. Was macht ein Büro attraktiver und zum „Wohlfühlort“? Was ist für die Arbeit, die mein Team leisten muss, die beste Struktur: Einzelbüros oder Grossraumbüros? Ist es notwendig, dass alle einen festen Arbeitsplatz haben? Zahlreiche Unternehmen haben auf Grossraumbüros umgestellt, weil man ja um die Bedeutung des sozialen Austauschs und den Effekt der Gemeinschaft auf die individuelle Arbeitsmotivation weiss. Aber gerade wenn man sehr konzentriert arbeiten muss, ist ein Grossraumbüro auch oft zu unruhig. Im Einzelbüro aber fehlt der soziale Austausch. Eine Lösung können kleinere Gruppenbüros sein, Loungebereiche, Ruhebereiche oder Meetingräume für verschiedene Nutzungszwecke. Mancherorts haben Unternehmen auch schon "Telefonkabinen" eingebaut. Das sind hervorragend schallisolierte Kabinen mit gemütlicher Sitzgelegenheit für Telefonate. Vertrauliche Informationen können von den anderen nicht mitgehört werden und gleichzeitig wird niemand in seiner/ihrer Arbeit gestört. Wenn das Büro ein angenehmer, anspornender Arbeitsort ist, fördert dies auch den sozialen Austausch und es entsteht eine stärkere Identifikation und Bindung zum Arbeitgeber und nicht zuletzt eine produktivere Arbeitsumgebung. Zusätzlich sinkt durch das Ersetzen von fixen durch flexible Arbeitsplätze die Bürofläche pro Mitarbeiter. Mit einer klaren Kommunikation und geeigneten Rahmenbedingungen kann es so gelingen, manche Vorteile des Hoffice ins Office zu holen.


Ein anderer Denkanstoss betrifft die Arbeitszeit: Ist es wirklich notwendig, den Mitarbeitenden im Homeoffice Kernarbeitszeiten vorzuschreiben, zu denen sie fix an ihrem Arbeitsplatz sitzen müssen? Was spräche denn dagegen, wenn jemand seine/ihre Kernarbeitszeit von 14h bis 22h hätte? Oder von 5h bis 13h? Natürlich müssten Termine - virtuelle Meetings oder Telefonkonferenzen - eingehalten werden. Aber steht keine Sitzung auf dem Programm, müsste es doch auch möglich sein, die Zeit flexibler einzuteilen. Gerade bei sehr stark intrinsisch motivierten und sehr zuverlässigen Menschen, bei denen Sie sich also keine Sorgen machen müssen, ob die Arbeit wirklich getan wird, führt es oft zu viel mehr Elan, wenn sie auch einmal aus starren Zeitfenstern ausbrechen dürfen. Strukturen sind gut, wichtig, richtig, ja notwendig. Aber bei sehr leistungsorientierten Menschen, die selber ihre schärfsten Kritiker sind und sich selbst genügend Output-Druck machen, können zu starre Strukturen auch einen negativen, aber ein bisschen mehr Flexibilität (immer im Rahmen von Zeit- und Zielvereinbarungen) dagegen einen positiven Effekt haben.


Verschiedene Unternehmen in der Schweiz unterstützen bereits heute unterschiedliche Formen des flexiblen Arbeitens und machen gute Erfahrungen damit.


Haben Sie bereits Erfahrungen mit flexiblen Arbeitsmodellen gemacht? Wir würden uns freuen, Ihre Erkenntnisse und Meinungen dazu zu erfahren! Falls Sie mehr zu flexiblen Arbeitsmodellen oder zu deren Umsetzung erfahren wollen, stehen wir Ihnen gerne jederzeit zur Verfügung.


Herzlich,

Annina Fischer und Frauke Kausch



Quellennachweis:

Studie von Deloitte (2020&2016): „Der Arbeitsplatz der Zukunft. Wie digitale Technologie und Sharing Economy die Schweizer Arbeitswelt verändern.

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